Es ist nicht so leicht mit dem Reisen im Jahr 2021. Kurz bevor die Delta-Variante des Corona-Virus den Aufenthalt in Portugal deutlich erschwerte, schaffte es Autor Michael Hetzinger noch, Strand und Kulinarik an der Algarve zu genießen. Für seine Tipps nimmt er uns mit in den ruhigeren Teil der Küste östlich von Faro und nach Portimão
1. Boho-Paradies
In der Nähe des wunderhübschen Ortes Tavira findet man das Juwel Pensão Agrícola. Das kleine Landgut liegt ein Stück im Landesinneren, ca. 10 Minuten von der Küste entfernt. Mit viel Geschmack und Liebe hat der Inhaber Rui ein sehr persönliches und familiäres Hotel im Boho-Stil gestaltet. Es gibt nur fünf Zimmer, daher ist Ruhe garantiert.
Im eigenen Garten werden Feigen, Oliven und Johannisbrotschoten geerntet und direkt serviert oder von befreundeten Produzent*innen verarbeitet. An der Honest-Bar bedient man sich einfach selbst und notiert in einem kleinen Buch, was man hatte. Das Frühstück ist reichhaltig und vielfältig. Abends wird ein festes Menü serviert, die Küche ist landestypisch und einfach gut. Koriandersuppe, Fisch aus dem Ofen, die lokale Spezialität Baba de Camelo (auf Deutsch „Kamelspucke“), eine Karamell-Crème, um ein paar Beispiele zu nennen. Auch Nicht-Hotelgäste sind willkommen, müssen sich aber vor 12 Uhr für den Abend anmelden. Ein wirklich paradiesischer Ort, den man auf jeden Fall besuchen sollte, am besten für ein paar Tage.
Hotel & Restaurant Pensão Agrícola
EM1239 699, Sítio do Valongo - Conceição de Tavira 8800-072, Portugal,
2. Viele Kraken-Arme für den Genuss
Der kleine Fischerort Santa Luzia ist die Hauptstadt des Oktopusses. Er liegt am Naturpark Ria Formosa, der mit seinen Sandbänken, Sumpfgebieten und Inseln der perfekte Lebensraum für die achtarmigen Meeresbewohner ist. Seit vielen Generationen gehen hier die Oktopus-Fischer mit ihren kleinen Booten ihrem Handwerk nach. An der Hafenpromenade reiht sich ein Restaurant ans andere. Sie alle bieten Oktopus an, doch eines sticht heraus: die Casa do Polvo. Betrieben wird die „Tasquinha“ von der deutschen Nicole Effenberg Mangas gemeinsam mit ihrem Mann Eduardo. Eduardo wurde in Santa Luzia geboren, hat jedoch die meiste Zeit im Ausland gearbeitet. Kennengelernt haben die beiden sich im Ort, kurz darauf übernahmen sie die Casa. Nicole ist gelernte Hotelfachfrau und diese Professionalität, gepaart mit deutschem Perfektionismus, merkt man dem Restaurant an.
Serviert wird Oktopus in perfekter Qualität, zarter geht kaum. Das Geheimnis: er wird nach dem Dampfgaren einige Tage tiefgefroren. Bei den Varianten kennt die Kreativität keine Grenzen. Er wird zur Vorspeise als Krokette serviert, als Bällchen, Samosa und natürlich Salat. Als Hauptgang kommt er aus dem Ofen, gegrillt, als Curry, Frikassee, Eintopf und mit Reis. Nur Dessert gibt es keines mit Oktopus. Ein Must-Eat für alle Fans des Kraken – und auch alle, die es noch werden wollen. Unbedingt reservieren!
Casa do Polvo
Av. Eng. Duarte Pacheco 8, 8800-545 Santa Luzia, Portugal,
3. Das Ei des Kolumbus
Nach viel köstlicher, aber einfacher Hausmannskost wurde es Zeit zu erfahren, wie die Landesküche in der Sterneküche interpretiert wird. Das Vistas Rui Silvestre gehört zu den besten Restaurants an der Algarve, beheimatet ist es in einer Hotel- und Golfanlage. Das Setting erweckt zunächst den Eindruck eines eher klassischen Sternerestaurants, doch kurz nach Ankunft sorgt das Team um Chef-Sommelier Nuno Pires mit viel Humor für eine entspannte Stimmung. Auf dem Teller spürt man den Stern von Küchenchef Rui Silvestre bei jedem Bissen.
Der Fokus liegt auf Fisch und Meerestieren. Als Amuse wird Auster mit Fingerlimette und Roter Bete serviert. Geräucherter Aal wird von Kohlrabi und Petersilie begleitet. Imperador (Kaiserbarsch) wird in Seeigel-Sauce serviert. Ein kurz frittierter Carabinero kommt auf einem Spiegel aus Basilikum, Yuzu und Chilisauce. Asiatische und italienische Einflüsse beeinflussen alle Kreationen, die Region – vor allem das Meer – ist jedoch immer präsent. Ungewöhnliche Ideen sorgen für Überraschungen: bei der vegetarischen Carbonara aus Sellerie schlägt man sich selbst ein Ei über dem Teller auf, heraus kommt duftende Trüffelsauce. Die Weinkarte hat die besten Weine Portugals zu bieten, da kann man alle anderen Länder getrost beiseite lassen. Portugals Weine gelten schon länger als Geheimtipps und sind obendrein erschwinglicher als ihre französischen oder italienischen Pendants.
Vistas Rui Silvestre
Sitio do Pocinho, 8901-907, Vila Nova de Cacela, Portugal,
4. Konservierte Köstlichkeiten
Portugal ist berühmt für seine Konserven. Sardinen, Thunfisch, Makrele – sie alle werden in Öl oder Tomatensauce eingelegt und so haltbar gemacht. Das hat lange Tradition, jedoch bei Weitem nicht mehr die wirtschaftliche Bedeutung von früher. Die Fischbestände gingen zurück und auch die Nachfrage, denn ununterbrochene Kühlketten machen Konserven zumindest aus praktischen Gründen obsolet. Kulinarisch eröffnen die kleinen Dosen jedoch ganze Welten.
Bei Maria do Mar in Portimão kann man nicht nur eine große Auswahl von verschiedenen heimischen Herstellern kaufen, sondern auch direkt verzehren. Besonders empfehlenswert sind die Degustationsmenüs. In wenigen Gängen taucht man in die Vielfalt der eingemachten Fische ein. Sie werden als Tapas auf Brot oder Feigen serviert, getoppt mit Kräutern, Algen oder Sauce. In Kombination mit anderen Komponenten kommt ihr Charakter besonders zur Geltung. Keine Spur von fettiger Schwere oder unangenehmer Fischigkeit. Da werden sogar die Konserven-Verweigerer am Tisch zu echten Fans.
Maria do Mar – Conservas e degustação
Rua Direita 89, 8500-626 Portimão, Portugal,