Die ewige Stadt hat nicht nur höchste Qualität bezüglich ihrer historischen Bauten zu bieten, sondern spielt auch kulinarisch in der oberen Liga. Martina Marx schlemmte sich durch die dortige Restaurantszene. Ihr Rat: sich nicht nur auf den Zufall verlassen, um nicht in einer der vielen Touristenfallen zu landen
Verstecktes Juwel
Dieses feine Restaurant fanden wir tatsächlich durch Zufall. Es liegt in einer kleinen historischen Seitenstraße in der Altstadt von Rom direkt am Tiber. Eine unscheinbare Treppe führt in einen teils vintage, teils modern gestylten Raum. Wir mussten kurz warten und überbrückten die Zeit mit sehr professionell gemixten Cocktails und Geplauder mit dem kompetenten Bartender. Entsprechend der Location ist das Publikum recht cool und international, der Service spricht perfektes Englisch und erklärt bereitwillig die etwas ungewöhnlichen Gerichte.
Die Küche hat ihren Schwerpunkt auf Ligurien, interpretiert aber traditionelle Gerichte modern. Wir aßen u.a. eine sehr leckere Komposition aus verschiedenen, ultrafrischen, rohen Fischen, Ravioli, gefüllt mit Brot und Tomaten auf glasierten Zwiebeln, wunderbar süßlich, Risotto mit Provolone, einer Art gereiftem Mozzarella, Salami und Ricotta, und als Krönung eine Dekonstruktion einer Zabaione in einer Teetasse. Einziger Nachteil waren die doch etwas überschaubaren Portionsgrößen, schließlich haben alle den Anspruch, eine italienische Modelfigur zu haben, hier wäre mehr wirklich mehr gewesen.
Ristorante Giulia
Lungotevere dei Tebaldi, 4a, 00186 Roma
Weltklasse
Mitten im historischen Zentrum, gleich ums Eck der Piazza Navona, findet sich ein absolut modernes italienisches Restaurant von Weltklasse, was durchaus auch in London oder New York bestehen könnte. Zufällig waren wir an dem Abend da, an welchen zum allerersten Mal ein Kitchen-Table-Menü mit 20 Gängen serviert wurde! Hurra, und was für welche! Wir konnten tatsächlich die gesamte Karte des Restaurants verkosten, woraus die anderen Gäste sonst ca. vier Gänge auswählen. Eigentlich wären wir gerne die ganze nächste Woche wiedergekommen, um alle Speisen noch einmal in „groß“ zu essen, so gut waren sie.
Hier wird italienische Küche auf Haute-Cuisine-Niveau serviert, ohne den Stress eines Sternerestaurants. Nur einige Highlights seien hier genannt: Kirsch-Gazpacho mit Muscheln, Tortellini mit Meeresschnecken gefüllt, Taube, so zart, zum Niederknien, mit Feige und Pak Choi, Steak von einer wirklich alten Kuh, mindestens zehn Jahre, unglaublich aromatisch. Die Weinbegleitung war perfekt, viele Orange Weine, aber gar nicht anstrengend. Giuseppe Lo Iudice und Alessandro Miocchi, die beiden Chefs, haben uns den ganzen Abend liebevoll und kompetent umsorgt. Einziges Manko: die Desserts waren eher disharmonisch, mit zu vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen, aber vielleicht waren wir einfach schon zu satt, um sie zu schätzen.
Retrobottega
Via della Stelletta, 4, 00186 Roma,
Im Außenbezirk
Völlig unauffällig und unprätentiös liegt die Trattoria Santo Palato in den südöstlichen Suburbs von Rom im Viertel San Giovanni, einem ehemaligen Viertel der Arbeiterklasse, jetzt eher bürgerlich. Der Tipp kam von sehr erfahrenen kulinarischen Freunden. Von außen erweckt das Restaurant keinerlei Aufmerksamkeit. Betritt man es, fühlt man sich wie in einer traditionellen alteingesessenen Nachbarschaftstrattoria, aber hier erwartet den Gast viel mehr! Eine Schiefertafel preist die aktuellen Gerichte an, aber zusätzlich gibt es auch eine Karte mit den Lieblingsgerichten der Gäste. Das Angebot klingt so verführerisch, dass wir alles bestellen wollten und dies ungefähr auch taten, was in absolute Völlerei ausartete, aber ungemein köstlich war: Burrata mit lauwarmen, unglaublich aromatischen Tomaten, butterweiche Rippchen, die förmlich zerfielen, auf brennendem, duftendem Heu serviert, den altbekannten römischen Klassiker Pasta Carbonara mit dicken Nudeln, wobei die Sauce, natürlich ohne Sahne, auf Grund der Eier wunderbar cremig war und sich harmonisch mit dem Parmesan verband.
Auch an Innereien haben wir uns herangewagt – Kutteln in würziger Tomatensauce – und wurden für unseren Mut belohnt. Das Restaurant verfolgt das Konzept from nose to tail mit regionalen Produkten und bietet eine Vielfalt von Orange Weinen an, (aber alles ohne didaktischen Zeigefinger), was trendiges, hippes, junges Publikum anzieht, aber auch die Nachbarschaft glücklich macht. Die Speisen sind, trotz bekannter Zutaten, ungewöhnlich gut und außergewöhnlich zubereitet. Eine Reise in den Außenbezirk ist dieses Restaurant auf alle Fälle wert.
Santo Palato
Piazza Tarquinia, 4a, 00153 Roma,
Aber bitte mit Sahne
Die Geister mögen sich daran scheiden. Aber für mich ist die Gelateria Giolitti die beste Eisdiele Roms. Ganz in der Nähe des Pantheons wartet wirklich eine unüberschaubare Menge von Eissorten auf den Kunden. Die Schlange ist riesig, denn diese Eisdiele hat sich herumgesprochen und das zu Recht. Klassischer italienisch geht es nicht, und das schon seit über 100 Jahren. Erst wird bezahlt, man muss sich also schon vorher über die Menge klar sein, die man schlecken möchte, und dann folgt die Qual der Wahl. Oder man verspeist das Eis ganz gesittet und lässt sich von sehr italienischen Kellnern bedienen. Mehr als 50 Eissorten sind im Angebot, mir hat Pistazie besonders gut geschmeckt. Es werden nur natürliche Produkte ohne Farbstoff und künstliche Aromen verwendet. Aber egal was man bestellt, unbedingt mit Sahne, die gibt es gratis dazu.
Zu guter Letzt muss ich gestehen, dass ich vor lauter Eis essen die Zeit vergessen habe, und das Pantheon inzwischen geschlossen war. Aber das war es definitiv Wert.
Giolitti al Vicario
Via Uffici del Vicario, 40, 00186 Roma,