Fotos: Selina Schrader / HiPi Vier Männer ziehen an einem Strang: Paul Döcker, Bernd Schock, Kris Henzler und Lukas Küttner Aufmacher Ostmost
Ostmost

Wildes Obst auf grünen Wiesen

Bei einem Ausflug nach Brandenburg erklären die Macher von Ostmost, was alles hinter und in dem Berliner Getränk Ostmost steckt. Es geht auf die Wiese nach Philadelphia

Text: Eva-Maria Hilker • Fotos: Selina Schrader

Schon während der zweistündigen Autofahrt geht es zur Sache. Bernd Schock, Gründer und Chef von Ostmost, muss einiges erklären. Es geht nämlich um Streuobstwiesen, um den Verein Äpfel & Konsorten, die Getränkeproduktion von Ostmost und wie das alles zusammenhängt.

Grundsätzlich sind Streuobstwiesen das komplette Gegenteil zu Monoplantagen. Es sind wilde, fast unberührte Grünflächen, auf denen in größeren Abständen Obstbäume wachsen, so wie sie wollen, also wie es Klima und Boden zulassen. Es sind hochgewachsene Bäume, Apfel-, Birnen-, Pflaumen- oder Kirschbäume. Sie sind alle unterschiedlich groß, breit und die Obsternte ist anstrengend. In der Nähe von Philadelphia, einem Ortsteil von Storkow, ist so eine typische Wiese zu sehen. Dort sind wir angekommen.

In Brandenburg insgesamt gibt es zu wenige. 80 Prozent des Bestandes sei abgeholzt worden. Das will Bernd Schock und sein Team – das sind Lukas Küttner, Paul Döcker und Kris Henzler – ändern. Sie haben vor einigen Monaten dafür gesorgt, dass während einer Konferenz der Umweltminister alle raus auf die Wiese gefahren sind und für ihr jeweiliges Bundesland einen typischen Obstbaum angepflanzt haben. Damit wurden die Streuobstwiesen ins öffentliche Bewusstsein gerückt.

Über 80 Jahre alte Bäume stehen mitten auf der Wiese, die seit über fünf Jahren gepflegt wird. „Es dauert bei diesen Bäumen bis zu 30 Jahre, bis sie den vollen Ertrag bringen.“ Bernd Schock tätschelt den Stamm eines verknarzten Stammes, der durch Wind und Wetter schräg gewachsen ist. An der Wurzel befindet sich eine Höhle, da hat ein Fuchs versucht, seine Zuflucht zu bauen, eine Astgabelung ist hohl. Hier finden Eulen ihren Unterschlupf oder auch Fledermäuse. Zwischen den Bäumen kriechen dornigen Ranken von Brombeersträuchern. Mittendrin leben Blindschleichen. Vor ein paar Wochen hat Schock einen alten Bienenstock gebaut, eine sogenannte Klotzbeute. Um Honiggewinnung geht es dabei weniger. Die Bienen sollen angesiedelt werden wegen der Bestäubung. Sie sorgen somit für eine gute Obsternte. Die Wiesen sind für Schock so etwas wie Regen- bzw. Urwälder en miniature.


Impressionen aus dem Brandenburgischen Philadelphia:
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Brandenburg sei, was die Streuobstwiesen betrifft, sehr hinterher. Um das zu ändern, hat Schock den Verein Äpfel & Konsorten ins Leben gerufen. Der hat aktuell über 50 Mitglieder. Drei Wiesen werden gepflegt und vier werden gerade aufgebaut. Unter dem Motto „Reclaim Streuobstwiesen“ werden unter anderem Baumpaten gesucht, also „Urban Gardening weitergedacht“. Der Verein kümmert sich um Fördermittel, sucht den Kontakt zu Unternehmen sowie zur Politik. Er engagiert sich in Schulen und Flüchtlingsheimen. Letztes Jahr hatte eine Schulklasse den gesamten Vermarktungsprozess kennengelernt, von der Ernte bis hin zur Produktion von Saft und Mus. „Wirtschaftsapfel“ heißt das Projekt, das auch dieses Jahr wieder stattfinden wird.

Und damit kommen wir zu realen Produktion von Ostmost. Dass die wenigen brandenburgischen Wiesen nicht ausreichen, um die Getränkeproduktion zu sichern, ist wohl offensichtlich. Deshalb greift Ostmost auf die Erträge der Streuobstwiesen aus den neuen Bundesländern zurück. Also auf die Äpfel aus Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie aus Thüringen – und selbstverständlich auch aus Brandenburg.

Damit nun die Bauern die Streuobstwiesen erhalten, wertschätzen und idealerweise vergrößern, zahlt Ostmost den doppelten Preis für die Rohstoffe. Und unterstützt mit fünf Cent pro verkaufter Flasche wiederum den Verein Äpfel & Konsorten. Mit ihren Säften, Schorlen und dem Cider behaupten sie sich im Getränkemarkt als Berliner Getränk, womit sich jeder an nachhaltiger Zukunft beteiligen kann. Mit jeder Flasche Ostmost sorgt er für weitere Obstbäume, die in Zukunft nicht alleine für den Getränkehandel einsetzbar sind. Das sie jahrhundertelang in Ruhe gelassen wurden und ortsspezifische Sorten ausgebildet haben, besitzen sie ein bedeutendes genetisches Potential. Bis zu 30 Sorten Äpfel gibt es auf einer Wiese. Ein Schluck aus der Flasche – und an der Geschmacksvielfalt käme keiner vorbei, für Bernd Schock gibt es keine Zweifel.

In jüngster Zeit arbeiten sie an der Zusammensetzung der Säfte mit Kräutern. Die Apfel-Minz-Schorle ist schon erfolgreich auf dem Markt, die Wasserkrause ist noch in Erprobung.

Bevor es zurück nach Berlin geht, trinken wir erst mal einen Schluck aus den Glasflaschen mit Schraubverschluss und den auffälligen Etiketten. Darauf sind Eule, Fuchs, Specht, Maulwurf zu erkennen. Und damit schließt sich ganz einfach wieder der Kreis.

Ostmost
Streuobstwiesen Manufaktur GmbH, Moosdorfstraße 7-9, Treptow, Tel. 030 577 01 74 20, www.ostmost.berlin