Eva-Maria Hilker im Gespräch mit Mirit Schiff, Fotos: Selina Schrader Aufmacher Mirit Schiff
Mirit Schiff

„Mein Handy ist Gold wert“

Die AMANO Group feiert in diesem Jahr ihren 15. Geburtstag. Es ist eine für Berlin nach dem Mauerfall typische Erfolgsgeschichte. Kaum jemand glaubte damals an Hotelneubauten auf brachliegenden Stadtflächen. Doch Ariel Schiff wagte es. Die individuelle Architektur, das Design, die Zimmergestaltung beweisen von Anfang an exklusive Gastgeberschaft. Die Restaurants, insbesondere die Bars auf den Hoteldächern sind angesagte Treffpunkte. Aber auch für ihre Partys als Beweis einer unbändigen Lebensfreude ist die Hotelgruppe bekannt. Bei einem Apéro erzählte Ariel Schiff von der Hotel-Entwicklung von 2009 bis heute. Und dann stand auch Mirit Schiff vor den geladenen Gästen und schilderte ihre Sicht, ihren Arbeitsbereich bei der AMANO Group. Wir wollten mehr wissen über die Frau, die die Hotel-Group entscheidend mitprägte, aber über die wenig in der Öffentlichkeit bekannt ist

Interview: Eva-Maria Hilker • Fotos: Selina Schrader

Dein Design und deine Architektur fallen jeder und jedem sofort auf. Jedes AMANO-Hotel hat zwar eine individuelle Handschrift, aber alle haben eine gemeinsame Stilrichtung. Wann hast du angefangen bei AMANO zu arbeiten? Und – alle lieben Love Stories – wann hat es bei Ariel und dir gefunkt?
Mirit Schiff: Ich kannte ihn schon sehr lange aus unserem gemeinsamen Bekanntenkreis. Aber Beziehung war nie ein Thema. Konkret hatte ich mit ihm zu meinem 35. Geburtstag zu tun. Ich habe an den Festtagen im Dezember Geburtstag. Meine ursprüngliche Idee von einer Party-Location klappte kurzfristig nicht. Dann habe ich über telefonische Umwege Ariel gefragt – Ariel hat bis heute kein Telefon – ob er eine Alternative hat. Hatte er, wir sind ins Gespräch gekommen und ich erzählte, dass ich Architektur studiert habe. Später ist Ariel auf mich zugekommen und meinte, bei einem Projekt in Neumünster, dem ersten Hotel, brauchen sie Unterstützung von einer Architektin. Und so gab es viel zu tun, viel Arbeit bei der Inneneinrichtung, dem Design. Und so sind wir zusammengekommen, wie das manchmal so ist: durch die Arbeit.

Mirit Schiff

Zu deinem Leben davor. Du hast in Berlin, an der TU (Technische Universität) studiert, und nebenbei als Hostess gejobbt und …
Ich war in der Zeit hier, wo alles in Bewegung war. Ich war bei der Grundsteinlegung am Potsdamer Platz, ich war bei fast jeder politischen Veranstaltung, in jedem Gebäude. Erst heute ist mir bewusst, was für eine Zeit das war. Ich habe auch auf Messen gearbeitet, gutes Geld verdient. Das war noch bei der Agentur von Gräfin Hardenberg, bei Hardenberg Concept. Es war damals eine turbulente und lukrative Zeit. Es gab ständig Events, egal, ob es im Schauspielhaus war, eine Premiere, eine Gala.

Damals gab es für Hostessen auch noch eine Kleiderordnung.
Zur schicken uniformierten Kleidung mussten alle den gleichen Lippenstift auftragen. Wenn nicht, wurde man ermahnt. Diese Zeiten sind vorbei.

Irgendwann bis du dann nach New York gegangen.
Davor habe ich in Berlin noch eine eigene Agentur gegründet. Ein Freund brauchte Unterstützung bei einem Event und benötigte rund 40 Hostessen. Und so gründete ich Miaconcepts, benannt nach meiner ersten Tochter.


„In Israel gibt es viele Restaurants, die Party machen, gerade Tel Aviv ist als Partyhauptstadt bekannt. Das wollten wir nach Berlin bringen.“

Wie war es denn in New York?
Mein damaliger Mann ist Amerikaner, wir sind für zwei Jahre nach New York gegangen. Ich habe nicht gearbeitet, da ich schwanger war. Ich habe New York damals anders erlebt, Freundschaften gepflegt, alle Museen besucht, die Kultur kennengelernt, in Restaurants gegessen. Wir haben damals in einer Mini-Wohnung mit zwei Kindern, mit einem Baby und einer Dreijährigen gelebt. Ich habe es trotz allem geliebt. Meine Tochter studiert heute in New York. Sie sagt, sie hätte kein Leben mehr. Sie studiert und arbeitet Tag und Nacht. Das ist ein großer Unterschied, eine andere Zeit.

Zurück in Berlin hast du mittlerweile an neun Objekten, an einem in London, München und Leipzig mitgearbeitet.
Ich habe anfangs gesagt, wenn Ariel jetzt noch eins aufmacht, dann mache ich nicht mehr mit. Wir haben mittlerweile zwei Kinder bekommen. Aber es ist, wie es ist! Jetzt kommt noch Hamburg, München und noch mal eins in Berlin dazu – und eines in Boston, USA. Am Ende sind es 19 Hotels.

Mirit Schiff Vita
Mirit Schiff

wurde am 26. Dezember 1975 in Israel geboren und zog im Alter von einem Jahr mit ihrer Familie nach Berlin.
Schon in jungen Jahren sammelte sie Erfahrungen im Gastronomie- und Eventsektor. Sie arbeitete unter anderem im renommierten Restaurant „Lutter und Wegner“ sowie bei verschiedenen namhaften Berliner Hostess-Agenturen wie Hardenberg Concept. Ihre Leidenschaft für Architektur führte sie nach dem Abitur an die Technische Universität Berlin. Dort nahm sie an zahlreichen Exkursionen teil und gewann Ausschreibungen, was ihre Fähigkeiten erweiterte und ihr detaillierte Einblicke in die Branche gab. Parallel zu ihrem Studium engagierte sie sich ehrenamtlich und partizipierte an zahlreichen Events in der jüdischen Gemeinde in Berlin.
Mit Anfang Dreißig zog sie einige Jahre nach New York, wo sie vielfältige kulturelle Erfahrungen sammelte. Nach ihrer Rückkehr nach Berlin arbeitete sie bei Startups wie myphotobook. Bei AMANO arbeitete Mirit Schiff zunächst als Architektin an Projekten wie der Gestaltung des Restaurants „Joseph“ und an Änderungen am AMANO-Hotel. Durch ihre Wurzeln sowie ihrer Erfahrung in der Eventbranche und Gastronomie spezialisierte sie sich auf den Food & Beverage-Bereich. Dort trieb sie die neue gastronomische Ausrichtung der Gruppe mit voran. Auch spielte sie eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung des AMANO Convent Garden und des Restaurants Penelope’s in London sowie des Romy Hotels und des dazugehörigen Restaurants AMIGO Cohen. Ihre Expertise liegt obendrein in der Konzeption und Gestaltung der Signature Events in den Restaurants. Ein herausragendes Beispiel ist das Dinner-Party-Konzept „Isramani“ im MANI.

Ihr habt noch Zeit gefunden, nach Israel zu reisen. Dort habt ihr Inspiration geholt, auch für eure legendären Partys.
Ariel und ich sind früher immer viel unterwegs gewesen, viel ausgegangen. Und in Israel gibt es viele Restaurants, die Party machen, gerade Tel Aviv ist als Partyhauptstadt bekannt. Das wollten wir nach Berlin bringen, aber mit einem gewissen europäischen Stil. Meine Idee war, eine Feier, eine Familienfeier zu inszenieren. Im Mittleren Osten wird immer groß gefeiert. Es werden israelische Spezialitäten als Menü serviert, das sich perfekt zum Teilen mit Familie und Freunden eignet. Wenn die Teller abgeräumt sind, geht es mit exzellenten Cocktails und Tanz auf den Tischen in den Abend hinein. Mein Cousin ist ein richtig guter DJ, er macht die Musik bis heute. Zu Beginn fand „Isramani“ einmal monatlich statt, dann wöchentlich. Zwischenzeitlich, aufgrund der politischen Lage, gab es keinen Grund zu feiern! Jetzt aber feiern wir das Leben.


„Berlin ist mit keiner Metropole zu vergleichen. Wenn eine Idee anderswo gut funktioniert, dann muss das in Berlin nicht auch so sein.“

Angefangen habt ihr im Frühstücksraum …
… da war nie ein Restaurant geplant. Ariel liebt es, zu bauen und er hat den Raum immer wieder umgebaut, um mehr Tische stellen zu können. Am Anfang waren es rund 90 Gäste, heute sind es ungefähr 120.

Mittlerweile wird auch in München und London „Isramani“ gefeiert. Feiern die Münchner anders als die Berliner?
Auf jeden Fall. Die Münchner sind was das Trinkverhalten betrifft, anders geprägt. Es gibt bestimmte Anlässe wie das Oktoberfest, die vielleicht typisch sind für eine Kultur des Feierns. München trinkt mehr, schneller oder härtere Sachen. Es geht auch darum, wann kommt die nächste Flasche? Wer ist der nächste Coole, der eine Flasche Champagner bestellt. In London feiert man komplett anders, die Lebensfreude ist eine andere als die der Berliner. Ein Londoner oder eine Londonerin weiß, hier ist Party angesagt und ich werde heute auch Party machen. Die Party fängt auch viel früher an. Berlin ist mit keiner Metropole zu vergleichen. Wenn eine Idee anderswo gut funktioniert, dann muss das in Berlin nicht auch so sein. Es hat mit „Isramani“ in Berlin seine Zeit gedauert.

Ich vermute, dass Berlin sich eher cool darstellt und nicht unbedingt vor Lebensfreude sprüht.
Die Stadt ist anders. Es hat z.B. auch gedauert bis die Mitarbeitenden, unser Personal, verstanden hat, was wir eigentlich möchten. Unser Event sollte die Gelegenheit sein, an etwas Besonderem teilzunehmen, die Dekoration musste etwas außergewöhnlich sein, die Gäste sollten sich schön machen, zur Musik tanzen, dazwischen kommen alle aus der Küche und bieten verschiedene Gerichte an. Das war anfänglich nicht zu machen. Immer wieder haben wir Termine mit ihnen gemacht und erklärt, dass sie bei der Arbeit mitmachen, mittanzen, mitfeiern sollen. Das klappt jetzt, auch durch die internationale Zusammensetzung der Teams. Diese Art sich zu öffnen, war am Anfang erst mal schwer.


„Ich bringe Menschen und Jobs zusammen. Der eine kennt den anderen, dann kennt die Freundin jemand, die wieder jemand kennt usw.“

Du hast eine große Familie und kannst dich seit Kindesbeinen darauf verlassen.
Mein Papa ist Israeli, meine Mama kommt aus Berlin. Als ich ungefähr ein Jahr alt war, sind wir nach Berlin gezogen. Ich war oft in Israel, zwei, dreimal im Jahr, weil meine Familie von meinem Vater dort lebt. Wir haben eine relativ große Familie. Mein Vater hat noch vier Geschwister, die haben wiederum Kinder, und einige haben auch wieder Kinder. Dann gibt es Cousinen. Das alleine sind um die 100 Personen. Ariels Familie ist ein bisschen kleiner, aber das sind auch mehr als 20 Leute. Ich war in Berlin als Kind auch im Ferienlager, habe Freunde und Bekannte aus Kindheitstagen. Aus meiner Zeit als Agentur-Chefin habe ich ein großes Netzwerk. Ich bringe Menschen und Jobs zusammen. Der eine kennt den anderen, dann kennt die Freundin jemand, die wieder jemand kennt usw. Mein Handy ist Gold wert.

Hast du kein zweites, privates Smartphone?
Zu Anfang von „Isramani“ habe ich das Gästemanagement gemacht. Mit der Gästeliste, mit der Platzierung Tetris gespielt und fast jeden Gast angerufen. Heute läuft das über Open Table. Aber ich habe das Gefühl, jede und jeder hat meine Nummer. Ich gehe mit meiner Nummer auch offen um und leite manche Anfragen weiter. Und es kümmert sich jemand anderes um das Anliegen.

Ihr geht bis heute immer noch gern aus. Wie hält man das konditionell durch?
Das fragen viele. Ich bin nach all den Jahren daran gewöhnt. Ariel besitzt und strahlt viel Energie aus, er ist so positiv, deswegen liebe ich ihn auch.

AMANO Group
www.amanogroup.com