Santiago ist nicht nur das ökonomische, sondern auch das kulinarische Herz Chiles. Hier treffen europäische und lateinamerikanische Esskulturen aufeinander und vermischen sich zu innovativen Gerichten. Wie in fast jeder Metropole gibt es viele versteckte Orte abseits der touristischen Pfade zu entdecken. Anhand von Empfehlungen chilenischer Freunde hat sich Tammo Walter auf die Suche gemacht, einiges gefunden und für gut befunden
Markttage und -straßen
Santiago hat nicht nur einen zentralen großen Markt. Fast jedes Viertel hat kleinere versteckte Hallen. So z.B. südlich des Zentrums im Barrio Franklin, das bekannt für seine Märkte im ursprünglicheren Stil ist. Sie beherbergen dutzende Stände, die so ziemlich alles feilbieten, was man sich vorstellen kann. Neben Kleidung und Haushaltsgegenständen gibt es Obst, Gemüse und eine eigene Halle für jede Art von Fleisch. Fleisch war auch der Ursprung des Marktes Mitte des 19. Jahrhunderts. Nach und nach gesellten sich immer mehr private Verkäufer dazu, die auch heute noch an Wochenenden die Straßen des Viertels, vor allem die namensgebende Straße Bío Bío, füllen. Wer beim Stöbern und den verlockenden Düften Hunger bekommt, findet hier in der Nachbarschaft eine Vielzahl an einfachen Restaurants. Erfrischen kann man sich mit einem gewöhnungsbedürftigen Getränk namens „Mote con huesillo“ – ein mit Mote, einer Getreideart, in Zuckerwasser eingelegter getrockneter Pfirsich. Typisch sind auch riesige süßliche Kürbisse, die in kleinen Stücken verkauft werden.
Mercado & Bío Bío Flea Market
Calle Bío Bío 793, Santiago, Región Metropolitana
Trink-Kultur
Chile ist ein großer Weinproduzent. Der Umgang mit den Trauben ist in der neuen Welt eher lässiger als in Europa, der alten Welt. Ein Cocktail, der dabei entstand, heißt Terremoto (Foto), was übersetzt Erdbeben heißt. Eine Wirkung wie ein Erdbeben hat dieser Drink aus süßem Weißwein mit Sirup und einer Kugel Ananas-Eis durchaus. Berühmt ist auch Pisco, wobei man sich streitet, ob der bessere nicht doch aus Peru kommt. Der Brandy wird mit Limettensaft, oder in der peruanischen Variante zusätzlich mit Eiweiß, zum Pisco Sour – ein weiteres erfrischendes Nationalgetränk.
Beides kann man in der Bar Radicales genießen. Das politisch eher links ausgerichtete Klientel trifft sich hier regelmäßig zum Diskutieren. Eine Besonderheit dieses Ortes neben den vielen Bars im nahegelegenen Partyviertel ist die Vermischung mit kulturellem Angebot. So verfügt die Bar Radicales neben einem Ausstellungsraum auch ein kleines Kino.
Bar Radicales
Monjitas 580, Santiago,
Milch, Matcha und Mandeln
Südamerikaner lieben Süßspeisen. Gebäck mit „Dulce de Leche“ (karamellisierter Milch) gibt es überall zu finden. Sucht man nach etwas ausgefalleneren Desserts wird man bei LalaLeelu fündig. Eigentlich war der in Frankreich ausgebildete, japanische Gründer Young Ho Lee Chef für Nachspeisen in einem Sternerestaurant und hat nur zum Spaß eine kleine Pastelería eröffnet, um seiner Kreativität freien Lauf lassen zu können. Mittlerweile ist das LalaLeelu allerdings so erfolgreich, dass es nicht mehr nur ein Nebenjob ist. Zurecht. Die feinen Törtchen überzeugen durch ausgefallene, dabei aber sehr ausgewogene Kombinationen. Das Bild zeigt z.B. einen „Opera Houjicha“. Houjicha ist ein in traditionellem japanischem Verfahren gekochter und pulverisierter grüner Tee, der hier mit weißer Schokolade vermengt wurde und zwischen Mandelbiscuit liegt. Daneben je ein Tropfen Karamellcreme und einer aus Himbeere und Anis sorgen für Geschmacksvariationen und die Buttermilchcreme zum Neutralisieren. Zum Abschluss ein erfrischend prickelndes Stück Gelee aus Acaibeere, Erdbeere, Chardonnay und einem Hauch Vanille. Andere Varianten sind z.B. Kürbis-Mousse mit Kardamom, Schokolade und Ingwer oder Kreationen mit Matcha.
Pastelería LalaLeelu
Santa Isabel 0106, Providencia, Santiago,
Liebevoll international
Ein chilenisch-peruanisches Paar – er hat einige Zeit in Deutschland gelebt, sie in Frankreich – eröffnete vor zwei Jahren La Mona Lisa. Die Idee zu einem Café wuchs aus der gemeinsamen Leidenschaft, auf Feinkostmärkten Selbstgemachtes zu verkaufen. Entstanden ist ein gemütliches Café mit bunter Mischung aus wechselnden Mittagsangeboten, Kuchen und Eis – alles hausgemacht. Selbstverständlich gibt es auch Empanadas, die für Südamerika so typischen Teigtaschen, klassisch mit Fleisch oder Käse, aber gerne auch Gemüse. Oder die süßen Alfajores, mit Dulce de Leche gefüllte Doppelkekse. Vegane und laktosefreie „dulces“ vervollständigen das alternative Angebot. Damit passt La Mona Lisa perfekt ins Barrio Italia, dem „hippen“ Viertel Santiagos.
La Mona Lisa
Colo Colo 1063, Ñuñoa, Santiago,