„Jeder Tag birgt neue Herausforderungen“
Sie bereichert nicht nur Berlins Trinkkultur. Stefanie Drobits alias Fräulein Brösel sorgte für Schnapserwachen. Drobits heißt auf Kroatisch Brösel. Der Weg der gebürtigen Österreicherin führte über Wien und New York nach Berlin. Zu Beginn versorgte sie die Stadt mit österreichischen Weinen. Dann aber hat sie mit einer Brennerei in der Steiermark angefangen, besondere Schnäpse zu produzieren. Himbeere, Vogelbeere und Haselnuss sind bereits Klassiker, dazu kam Mieze Schindler (aromatische Erdbeere) oder Erdnuss und Petersilienwurzel. Heute findet man ihre Schnäpse in den originell gestalteten Flaschen fast überall in den guten Restaurants der Stadt
1. War von Anfang an klar, wohin es mit deinem Berufsleben gehen soll? Welche Ideen gab es noch?
Stefanie Drobits: Nein, keineswegs. Ich war vielfach interessiert. Am liebsten hätte ich bereits in meinem Studium mehrere Studiengänge belegt, Literatur, Politik, Mathematik, Volkswirtschaft, Theater wie auch Publizistik und Architektur haben mich allesamt sehr interessiert. Auch später im Berufsleben habe ich versucht, so viel an Berufserfahrung in verschiedenen Themenbereichen, die mich interessierten, zu sammeln, um mir einen ersten Eindruck zu verschaffen, wohin meine berufliche Reise hingehen mag, in der Hoffnung dauerhaft mein berufliches Glück zu finden.
Ich unterhielt mehrere Jobs, während des Studiums und auch später, zu Beginn meiner Selbständigkeit, um mir meinen Unterhalt zu verdienen. Während der Studienzeit und danach – vor dem Gang in die Selbständigkeit – habe ich für Galerien in Wien und Berlin gearbeitet, für Fashion Showrooms, Mode-Designer, war als Regie-Assistenz in einem privaten Theater tätig, habe für Möbel-Designer, für eine Mobile Marketing-Agentur wie auch in der Buchhaltung für eine Non-Profit-Agentur gearbeitet. Zum Glück hat mich all dies nicht so wirklich erfüllt, jedoch konnte ich viele Erfahrungen sammeln und ein für das spätere Unternehmen wichtiges Netzwerk an wertvollen Kontakten und Unterstützern aufbauen.
2. War dein Berufsweg geradlinig?
Nein. Ich hatte damals 2009 mit Weinerwachen (2013 mit Schnapserwachen) zwar eine Idee, welche mich stark motiviert hat, aber kein Kapital, um solch eine Idee unternehmerisch umzusetzen. Zwei Jobs, die ich zunächst parallel ausübte, waren notwendig, um die Wein- und später auch die Schnapsidee zu realisieren.
Ich habe mich damals entschieden, meinen Fokus auf osteuropäische und österreichische bio- und biodynamische Weine zu setzen, die damals 2009 noch nicht wirklich en vogue waren, jedenfalls die osteuropäischen Kandidaten.
2013 habe ich meine Schnapsidee umgesetzt. Zu Beginn des Unternehmens übernahm ich nicht nur fast alle anfallenden Aufgaben, sondern befand mich zudem in einer Fachausbildung in Wein. Somit erlernte ich sehr schnell alle essentiellen Aspekte der Unternehmensführung (Finanzen, Marketing, Logistik, Lagerhaltung, Vertrieb, Steuer uvm.) kennen. Das fehlende Startkapital führte dazu, dass man in einigen Bereichen auch sehr kreativ agieren musste, wenn Grundvoraussetzungen wie Lagermöglichkeit oder auch Transportlogistik für Auslieferungen fehlen. Von entscheidender Bedeutung war hierbei mein umfangreiches, bereits existierendes Netzwerk in Berlin. Beispielsweise übernahm anfangs ein Taxifahrer für einen „schmalen Taler“ von fünf Euro die ersten Auslieferungen an Kunden.
Eine aufregende und schwierige Phase, doch wenn man an etwas glaubt, kann man auch Berge versetzen.
3. Was würdest du aus heutiger Sicht anders machen?
Sicherlich mehr in Frage stellen. Für manche Entscheidungen, die ich traf, hätte ich mir im Nachhinein mehr Zeit nehmen sollen, um intensiv Pro & Contra abzuwägen. Außerdem würde ich aus heutiger Sicht immer auf mein Bauchgefühl vertrauen. Dieses trügt nie. Viele Entscheidungen, die ich gegen mein Bauchgefühl getroffen habe, stellten sich im Nachhinein als Reinfall dar. Ich habe gelernt, dass mein Bauchgefühl sehr sichere, vertrauenswürdige Signale aussendet, auf die man vertrauen kann.
4. Was oder wer hat dich bei deiner beruflichen Karriere am meisten beeindruckt oder inspiriert?
Mein Mentor, mein Brenner, von dem ich das Brennen gelernt habe, wie die Beschaffenheit von Obst sein muss und von dem ich auch viel über die Natur erfahren habe. Er hat mich von Beginn an begleitet, motiviert und an mich geglaubt. Mit der Zeit ist auch eine enge Freundschaft entstanden.
Inspirationsquelle für meine Motive auf den Schnapsflaschen stellte Tim Burton dar. Ich bin ein großer Verfechter seiner schaurigen dunklen Zeichnungen. Ein lieber (melancholischer) Freund und Illustrator hat dann Fräulein Brösel als Comicfigur umgesetzt.
5. Was muss man wissen, wenn man Gründerin eines Unternehmens wie Schnapserwachen ist?
Dass man sich auf sehr viel bürokratischen Aufwand gefasst machen muss. Als Unternehmerin übernimmt man zudem in der Anfangsphase (auch lange darüber hinaus) viele Aufgaben und ist ständig „Mädchen für alles“. Man arbeitet rund um die Uhr, jeden Wochentag, auch im Krankheitsfall, da ein verlorener Tag auch direkt mit Umsatzausfällen verbunden ist. Jeder Tag birgt neue Herausforderungen. Kein Tag läuft gleich ab. Man muss sich in kürzester Zeit viel Wissen in allen Unternehmensbereichen beschaffen, um rasch und gesund zu wachsen. Denn Zeit kostet Geld und dieses hat man zu Beginn nicht. Selbst und ständig und man lernt auch nie aus. Es gibt immer etwas zu tun.
Fräulein Brösels Schnapserwachen