Victory Victoria
„Nothing Happened“ ist als Banner über der Theke zu lesen. Und tatsächlich präsentiert sich die Victoria Bar neun Monate nach dem Feuer,
Der 18 Meter lange Holztresen, das schummerige Licht, die intime Wohnzimmeratmosphäre – selbst das Personal: Alles ist genau so, wie es einmal war. Seit Ende August ist wieder geöffnet, die Terrasse schon ein bisschen länger. „Wir haben alles originalgetreu rekonstruiert“, sagt Geschäftsführer Stefan Weber, eine andere Option habe nicht zur Diskussion gestanden. „Das zeitlose Design macht den Charme der Victoria Bar aus.“
2001 hatten Weber und seine Mitstreiterinnen Beate Hindermann und Kerstin Ehmer, die vorher schon die Greendoor Bar betrieben hatten, die Victoria Bar genau unter dieser Prämisse eröffnet: in der Tradition der American Bars, klassisch bei Interieur und Karte. „Eigentlich hatten wir für die nächsten 100 Jahre geplant“, so Weber. Doch bekanntlich kam es anders.
Am Morgen des 19. Dezember 2022 erhielt er einen Anruf von der Polizei, seine Bar sei ausgebrannt. Es folgte eine Versiegelung des vermeintlichen Tatorts und eine Ermittlung durch das LKA wegen des Verdachts auf Brandstiftung. „Das war wie im Fernsehen“, erinnert sich Weber, „die Bar war plötzlich voll mit Menschen in weißen Overalls.“ Dennoch blieb die Ursache für das Feuer bis heute ungeklärt. Nachdem Vorsatz ausgeschlossen werden konnte, prüfte auch die Versicherung Hinweise auf grobe Fahrlässigkeit – und fand nichts. „Wahrscheinlich ein technischer Defekt“, sagt Weber. Dass es im Anschluss „eine Schwangerschaft lang“ dauerte, bis wieder eröffnet werden konnte, habe an Uneinigkeiten mit Versicherung und Vermieter über die Verteilung der Kosten für die Sanierung gelegen. Ob die Bar wirklich wieder eröffnen würde, habe deshalb im Frühjahr noch nicht festgestanden, so der Barmann. „Wir hatten zu diesem Zeitpunkt einen Mietvertrag, der nur noch eineinhalb Jahre lief, mussten trotz des Geldes von der Versicherung aber noch einen sechsstelligen Betrag investieren. Ohne die garantierte Verlängerung hätten wir das nicht gemacht.“
Nachdem alle strukturellen Widrigkeiten aus dem Weg geräumt waren, sei es dann ganz schnell gegangen, sagt Stefan Weber, Handwerker seien überraschend zügig gefunden worden. „Sogar unsere Tapeten konnten wir nach all den Jahren noch nachkaufen, beziehungsweise neu anfertigen lassen.“ Zum Konzept der Bar gehörte von Beginn an auch eine kleine, wechselnde Kunstsammlung. Die Künstler*innen der zerstörten Bilder seien entschädigt worden und freuen sich jetzt ebenfalls über die Rückkehr und die Möglichkeit, neue Werke ausstellen zu können. Das Personal, das sich in der Zwischenzeit in Kurzarbeit befand, sei geschlossen zurückgekehrt, so Weber. Und auch die Stammgäste seien wieder da. „Sie haben uns nicht vergessen und sind jetzt froh, wieder auf die Menschen hinterm Tresen zu treffen, die ihre Vorlieben und Schwächen kennen“, sagt Stefan Weber. „Es fühlt sich ein bisschen an wie ein Déjà-vu.“
Nachbesserungen gab es alleine bei der Technik. „Wir sind jetzt bereit für die kommenden 100 Jahre“, so Weber. „Rein statistisch sollten wir bis dahin von weiteren Bränden verschont bleiben.“
Victoria Bar
Potsdamer Straße 102, Tiergarten,