„Backen und Dekorieren waren meine Leidenschaft“
Wir befragen erfahrene Frauen und Männer aus der Gastronomie. Sie machen Mut, sie machen auf Risiken aufmerksam und sie sind ehrlich. Wer heute in die Branche einsteigen will, der hat es einerseits besser als noch vor ein paar Jahren, andererseits ist es immer noch ein Berufszweig, der viel fordert. Doris Schöns Traumberuf war Konditorin
1. War Ihr Berufsweg geradlinig?
Doris Schön: Wenn ich zurückblicke, war mein Berufsweg schon geradlinig, allerdings bin ich erst heute da angekommen, wo ich immer hinwollte. Ich habe mit 15 Jahren meine Lehre begonnen. Das war eben so: Wer die Schule verlässt, lernt einen Beruf. Nur leider wissen die wenigsten in dem Alter, was sie wollen. Bei mir war es umgekehrt: Ich wusste genau, dass ich Konditorin werden wollte, aber mein Vater riet mir davon ab, diese berufliche Laufbahn zu verfolgen. Er selbst war Bäcker und meinte, der Berufszweig habe keine Zukunft.
Nun weiß ich allerdings, dass sich das heutzutage anders entwickelt hat. Aber vor 20 oder 30 Jahren haben tatsächlich Industrieprodukte den Markt beherrscht. Kaum ein Restaurant hatte noch eine Patisserie und auch Privatleute setzten auf Tiefkühlkost. Der Kompromiss war, dass ich Köchin gelernt habe. Zum Glück gefällt mir die Arbeit in der Küche und ich bin der Gastronomie immer treu geblieben.
2. War Ihnen von Anfang an klar, welcher Beruf es werden sollte?
Backen und Dekorieren waren meine Leidenschaft und ich hatte die Hoffnung, als Köchin gelegentlich Kuchen und Torten backen zu können. Als ich im „Bahnhof“ in Wiesbaden meine Ausbildung begann, sah ich erst mal schwarz. Ein furchtbarer Start und meine Vorstellungen von dem Beruf interessierten da niemanden. Es war kein Ort für Visionen.
3. Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
Wenn ich zurückblicke, kann ich sagen, dass ich mir auf jeden Fall direkt einen anderen Ausbildungsplatz hätte suchen sollen. Erst als ich in der Berufsschule sah, was meine Mitmenschen in meiner Umgebung lernten, wurde mir bewusst, dass ich kontinuierlich an mir arbeiten und mich Schritt für Schritt verbessern musste, um beruflich voranzukommen und Erfolg zu erlangen. Als Konditorin hätte ich eine lange Durststrecke durchlaufen müssen, da der Trend, Kuchen und Pralinen wieder handwerklich selbst herzustellen, noch relativ neu ist.
4. Wer hat Sie am meisten beeindruckt oder inspiriert?
Das ist schwer zu sagen, wer mich am meisten beeindruckt hat in meiner Laufbahn. Es waren so viele verschiedene Menschen, die mich inspiriert haben. Wenn ich nur einige nenne, würde ich andere unerwähnt lassen und das wäre unfair. In Berlin bin ich jedenfalls goldrichtig, hier habe ich sehr viel Kontakt zu Gleichgesinnten und die Vielzahl unterschiedlicher Eindrücke, die man hier sammelt, wäre in keiner anderen Stadt möglich, behaupte ich einfach mal.
5. Was muss man wissen, wenn man als Patissière oder Köchin arbeiten möchte?
Wenn ich ganz ehrlich bin, bin ich erst jetzt – mit 58 Jahren – am Ziel meiner Träume. Auf dem EUREF-Campus und im „the Cord“ genieße ich die Freiheit, meine Konditorinnen-Leidenschaft auszuleben. Vielleicht braucht man ja heutzutage nicht mehr so viel Durchhaltevermögen, um in der Patisserie einen Platz zu finden. Als ich meine Karriere in der Gastronomie begann, wurde mir schnell klar, wie wichtig es ist, ein dickes Fell zu haben. Der Umgangston und der enorme Stress, denen wir ausgesetzt waren, waren hart.
Doch zum Glück hat sich dieser Aspekt in meinem beruflichen Leben positiv verändert. Mit Sicherheit verdeutlicht das Zitat „Friede am Herd ist Goldes Wert“ das respektvolle und harmonische Arbeitsumfeld, das wir in der Küche des „the Cord“ erleben dürfen. Mein Rat: Man muss die Gastronomie lieben und sich für kulinarische Ideen begeistern, sonst hält man den Stress nicht aus.
Doris Schön