„Unsere Gastronomen sind alle Profis“
Heike Püschel ist eine der wichtigsten Frauen auf dem Mercedes Platz. Sie hält die Fäden in der Hand, wenn es um die Mieter, im Speziellen um die Gastronomie geht. Was so einen Platz lebendig macht, erzählt sie während eines Baustellenbesuches
Interview: Eva-Maria Hilker • Fotos: Marvin Pelny
Diesen Platz allen zugänglich machen – so Ihr Motto. Wie sind die aktuellen Rahmenbedingungen für den Mercedes Platz?
Heike Püschel: Es werden in Zukunft 20.000 Menschen hier arbeiten, 4.000 Menschen hier wohnen und das alles zwischen Ostbahnhof und Warschauer Brücke. Unser Anspruch war und ist es, ein lebendiges Zentrum dieses Quartiers zu sein. Und lebendig geht nur, indem man möglichst vielen Menschen die Möglichkeit gibt, sich hier auch wohlzufühlen. Den Gewerbetreibenden am Platz offen gegenüberzutreten.
Thema Gastronomie – es gibt sicher bestimmte Kriterien, um am Platz bestehen zu können? Billige Massenware kommt wohl nicht in Frage?
Nein, das passt nicht zur Anschutz Entertainment Group. Offen heißt auch nicht, dass man auf Qualität verzichten muss. Sondern uns war es ganz wichtig, dass wir Konzepte haben, die auf der einen Seite bekannt sind und für etwas stehen, wie zum Beispiel die l’Osteria, coa, Sausalitos und Hans im Glück.
Das sind erkennbare Marken. Da weiß der Besucher, was er bekommt.
Das ist der eine Strang. Dann geben wir Berliner Gastronomen die Möglichkeit, vertreten zu sein, wie zum Beispiel Einstein Kaffee oder Loretta, die man vom Wannsee her kennt. Die sind mit einem großen Biergarten-Konzept und mit einem Imbiss vertreten. Also auch für die obligatorische Berliner Currywurst ist gesorgt.
Es geht aber doch weiter über den Tellerrand hinaus?
Ja, die US-amerikanische Burgerkette Five Guys wird hier den ersten Store in Berlin haben. Five Guys steht für Qualität. Man sagt, das sei Obamas Lieblingsburger, das kann man zumindest nachlesen. Dann haben wir mit Tony Roma’s eine bekannte Marke, mit dem Berliner Gastronomen Alexander Seppelt als Lizenznehmer für Deutschland. Tony Roma’s zieht vom Potsdamer Platz zum Mercedes Platz. Des weiteren haben wir mit dem Restaurant Alex ein Ganztageskonzept, also wo man morgens einen Kaffee bekommt und nachts einen Cocktail und zwischendurch auch alles, was man möchte.
Fritten, Burger, Spareribs, Kaffee und Currywurst – das kann nicht alles sein?
Mit dean & david, mit Chupenga, mit Nôm Nôm haben wir den gesundheitlichen Aspekt mit viel Gemüse einbezogen. Das sind junge Marken, bei denen es ein sehr klar umrissenes Angebot gibt, das dann auch schnell in der Zubereitung geht. Für Büromenschen, die sich morgens einen Kaffee mitnehmen wollen, und für Besucher, die noch schnell ein Sandwich brauchen, dafür ist dann zum Beispiel „Auf die Hand“ zuständig, ein mittlerweile gar nicht mehr so kleines privates Unternehmen. Dazu haben wir noch Amar, ein aus Kreuzberg bekanntes indisches Restaurant und mit Shibuya ein ganz neues Konzept am Platz, die auch im Design des Restaurants sehr weit vorne sein werden. Shibuya ist eine neue Marke von Aiko Sushi in der Brunnenstraße, ein sehr guter Japaner. Und sie werden hier im Speziellen Sushi und Ramen anbieten.
Sind Sie aktiv auf Gastronomen zugegangen? Oder sind die auf Sie zugekommen?
Es war eine Mischung. Einerseits hat Jones Lang LaSalle als Makler uns in der Vermietung unterstützt und die ein oder anderen sind auf uns zugekommen.
Mal ein konkretes Beispiel: Ich besitze ein kleines veganes Unternehmen und möchte bei Ihnen einen Platz finden. Was sind die Voraussetzungen dafür?
Die Voraussetzungen sind einfach. Wir hatten Räume in unterschiedlichen Größen gebaut, wir hatten also Stores von 40 bis 500 Quadratmetern zu vergeben. Wir haben auch mit veganen Anbietern gesprochen, die sich dann für eine andere Idee entschieden haben. Nôm Nôm ist ein neues Konzept auf nur 80 Quadratmetern, relativ smart ausgebaut, sehr konzentriert.
Also muss ich als Mieter Geld in die Hand nehmen für den Ausbau, die Küche usw.
Genau, wir stellen einen sogenannten hohlen Vogel zur Verfügung und den muss ich als Mieter dann entsprechend ausbauen.
Ist dann die Miete günstiger? Oder ist die Miete immer gleich oder erfolgsabhängig?
Es gibt unterschiedliche Mietmodelle. Wir haben uns dazu entschieden, die Ausbauleistung dem Mieter zu überlassen, damit er komplett sein Konzept umsetzen kann, und abhängig natürlich von der Quadratmeterzahl zahlen wir Baukostenzuschüsse. Die Mieten haben wir unterschiedlich verhandelt, das ist immer ein kaufmännisches Gesamtpaket.
Wie langfristig sind die Mietverträge?
In der Regel zehn Jahre, teilweise mit Verlängerungsoption. Das sind langfristige Partnerschaften, die wir hier eingehen.
Die Mieter müssen auch gewährleisten, dass die Leute nicht ewig warten müssen, bevor sie etwas zu essen kriegen?
Ja, wir haben darauf geachtet, dass wir uns darauf verlassen können, dass in einer sehr kurzen Zeit sehr viele Menschen verpflegt werden können. Der Gast hat vielleicht vor, zu einer Veranstaltung zu gehen oder will hier nach der Arbeit noch etwas schnell essen. Und wenn wir dann nicht Konzepte haben, die in der Lage sind, schnell und in einer guten Qualität Essen anzubieten, dann wird es schwierig. Denn dann kommt dieser Gast nicht wieder. Das heißt, es ist für uns sehr wichtig, dass man sich auf die Konzepte verlassen kann.
Zumal es hier ja sehr viele Angebote an Veranstaltungen und Events gibt.
Unsere Gastronomen sind alle Profis. Wir haben niemanden, der hier sein erstes Projekt umsetzt. Die wissen alle, wie das funktioniert auf dem Markt. Wir besprechen das auch sehr aktiv mit den Gastronomen, wir begleiten sie. Wir halten sie auf dem Laufenden, was in der Arena, was in der Verti Music Hall, im UCI Luxe oder der Bowling World passiert. Die Gastronomen müssen wissen, wenn in der kleinen Halle eine Tagung mit tausend Leuten ohne Mittagsverpflegung stattfindet. Diese ganzen Informationen teilen wir mit unseren Mietern. Wir bauen eine eigene Website für den Mercedes Platz, wo jeder Mieter sich wiederfindet und seine eigenen Angebote promoten kann. Jeder Mieter wird sich überlegen, zum Beispiel zwischen 18 und 20 Uhr besonders schnelle Gerichte anzubieten, um eben diesen Umschlag auch zu garantieren.
Sie reden von „wir“. Wer genau ist „wir“?
Unser Unternehmen, die Anschutz Entertainment Group, ist weltweit tätig. Wir sind ein Unternehmen unseres Gesellschafters Philip Anschutz. Unser Mutterschiff steht in Los Angeles, das ist das Staples Center, dort gibt es auch eine ähnliche Konstruktion wie hier mit dem Entertainment-District. Ähnlich in London, The O2 unter dem Millennium Dome hat auch einen Entertainment-District um sich herum. Anschutz betreibt über 100 Arenen in der Welt – besitzt sie, betreibt sie, baut sie. Und wir sind in unterschiedliche Divisionen aufgeteilt. Wir haben einmal die Kollegen, die die Mercedes-Benz-Arena und die Verti-Music-Hall betreiben. Dann haben wir eine Abteilung, die heißt Real Estate and Development, zu dieser Abteilung gehöre ich jetzt, und diese Abteilung ist verantwortlich für das Projekt Mercedes Platz, es zu bauen und es dann seiner Bestimmung zu übergeben. Und ich werde nach der Fertigstellung für die Mieter hier weiter der Ansprechpartner sein, weil wir der Meinung sind, dass es wichtig ist, gemeinsam mit allen Mietern diesen Platz zum Leben zu erwecken und zum Erfolg zu bringen.
Mit Ihrer Erfahrung können Sie einschätzen, bei welchem Künstler welche Gastronomie besonders ausgelastet sein wird?
Ich habe die Arena miteröffnet. Ich war dort verantwortlich für alles, was mit Hospitality zu tun hat, war also direkt am Arena-Gast tätig und habe viel gelernt und Erfahrungen gesammelt.
Zum Platz selbst – den bespielen Sie mit Open-Air-Veranstaltungen.
Wir führen in Eigenregie die „East Side Music Days“ durch, wo wir Straßenmusikern kostenlos eine Bühne geben. Weitere Festivals denken wir gerade an. Wir werden sicherlich das eine oder andere Open-Air-Thema, was das Kino angeht, haben. Und die Bowling World hat auch eine Open-Air-Bowlingbahn und eine große Terrasse.
Gerade laufen wir noch über die Baustelle, über merkwürdige Matten …
Darunter ist das Fontänenfeld. Wasserspiele machen einen Platz lebendiger. Das ist erstaunlich, was das mit dem Besucher macht. Und dieses Fontänenfeld wird ein Wasserspielplatz. Wir werden Stühle haben, die man hinter sich herziehen kann, die lose auf dem Platz verteilt werden, und damit kann ich mich auch ins Wasser setzen, wenn ich möchte.
Durch die besondere Lage und Größe sind Sie ein Stück Berliner Entwicklungsgebiet mitten im Herzen der Stadt. Ist das nicht auch eine spezielle Verantwortung?
Philip Anschutz hat 2001 diese Grundstücke gekauft und er hat sich immer in Abstimmung mit der Stadt um die Entwicklung dieses Quartiers gekümmert. In der Planungsphase ist unser Projektverantwortlicher in das Baukollegium gegangen, wo man mit anderen Architekten und den Verantwortlichen der Stadt über das Projekt diskutiert.
Die Lage an der East Side Gallery ist eine spezielle Herausforderung.
Es sollte von Anfang an, das war ein großer Wunsch der Stadt, eine Trennung herbeigeführt werden zwischen der East Side Gallery und dem tatsächlichen Entertainment-District. Dadurch haben wir zum Beispiel zur Straße zur East Side Gallery zwei Klinkerbauten mit einer städtischen Nutzung, nämlich mit Büros und Hotels, mit dem Indigo und dem Hampton by Hilton, und haben dann einen urbanen Platz, auf dem wir große Bänke aufstellen können, wo zwölf Meter hohe Platanen eingepflanzt werden, wo praktisch ein beruhigter Platz entsteht.
Soziale Verantwortung – wie weit geht sie bei Anschutz?
Anschutz hat in allen Städten ein Charity-Engagement. Wir selber sehen das auch als Verpflichtung an, uns hier im Kiez zu engagieren, und haben „Anschutz hilft e.V.“ gegründet und unterstützen Projekte in der Umgebung, z.B. die Bahnhofsmission am Ostbahnhof, die Straßenkinder in der Warschauer Straße, Cabuwazi, den Spielwagen, Drop In e.V., die StreetUniverCity ... Und all diese werden sich übrigens auch bei der Eröffnung präsentieren.
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