Gestern, heute und Nikkei-Küche
Peruanische und japanische Kochkunst in einem. Chefkoch Diego Velasquez Jimenez führt den Stil im Nauta fort
Erst einmal einen Pisco Sour. Bei der Hitze genau das richtige, um in den Abend zu grooven. Im Nauta hat seit geraumer Zeit der 28-jährige Diego Velasquez Jimenez den Hut in der Küche auf. Er macht das gut, denn er hat Erfahrung. Er stammt aus Lima, hat im Astrid y Gastón gearbeitet, im Carbon 77, im Popular, im Lima 27 und zuletzt im La Cevi in Frankfurt am Main. Erfahrene Besucher wissen, dass es dabei um Ceviche geht, und zwar in seiner Gesamtbreite der Zubereitung. Ceviche Nikkei mit Thunfisch, Gurke, Avocado und Ingwer ist ein klassischer Einstieg, durch die verschiedene Komponenten bleibt das Spiel von Säure und Schärfe spielerisch im Hintergrund.
Nikkei-Küche war mal eine Armenküche. 1899 kamen die ersten Japaner als Baumwollpflücker nach Peru. Die Legende behauptet, die Japanerinnen hätten bei den Fischern Abfälle gesammelt, um mit japanischer Kochkunst das Beste daraus zu machen. Das Nauta zollt mit seiner Inneneinrichtung beiden Kulturen einen gewissen Respekt. Die Buntheit Perus trifft auf Geradlinigkeit Japans. Heute ist die Nikkei-Küche weltweit bekannt für ihre Qualität und Frische. Daran gibt es auch keine Zweifel in der Kastanienallee. Der zweite Gang, eine vegetarische Variante von Ceviche mit Artischocke, Wassermelone, Süßkartoffeleis, Avocado und Quinoa, entspricht dem Zeitgeist und ist geschmacklich kein Ausreißer. Hingegen das sogenannte Ceviche Tropical, der Wolfsbarsch mit Garnelen, Pulpo, auf gegrillter Ananas und Kokos ist ein Beweis der souveränen Experimentierfreude des Küchenchefs. Dezent doch eindrucksvoll knüpft das Yakitori Callao, also das Rinderherz begleitet von Pulpo, Garnelen, dem hellen Choclo Mais sowie Kartoffeln an die Tradition der Nikkei-Küche an.
Nach dem zweiten Pisco Sour ist es besser auf Weißwein umzuschwenken, vielleicht ein Sauvignon Blanc 2015 aus Chile. Dann ist man vielleicht nicht mehr ganz so beseelt und verliert sich in seltene Erinnerung an die 90er und Nuller Jahre. In der Berlin tatsächlich arm und sexy war, wo die meisten das Gefühl hatten, wir leben in der besten Stadt der Welt. Und dazu gehörte das damalige 103 dazu. Und wenn man die Gelegenheit hat mit Max Wirtz zu sprechen und der in Erzähllaune ist, dann ist da wieder etwas da von diesem Lebensgefühl in einem Berlin, das sich fast jeder leisten konnte, seien es Musiker, DJs, Designer, Künstler oder eben Zugereiste. Heute ist aus der legendären Bar 103 das Nauta entstanden. Und es ist wirklich nicht der schlechteste Beweis einer Zeitenwende. (emh)
Nauta
Kastanienallee 49, Prenzlauer Berg,