Eine Wiederentdeckung
Irgendwie existiert das Richard außerhalb des kulinarischen Radars. Ganz unspektakulär hält das Restaurant seit drei Jahren seinen
Zugegeben: der erste Besuch im Richard vor drei Jahren hat so gar keinen Eindruck hinterlassen. Vielleicht noch die Inneneinrichtung. Die ist bis heute geblieben – bis auf ein paar neue Kunstwerke, die genauso wie alle anderen ein wenig für Irritation sorgen. Und hätte nicht eine befreundete PR-Agentin zum Mädelsabend dorthin geladen – es wäre zu keinem weiteren Besuch gekommen. So aber gestaltet sich das Dinner an diesem Abend zu einem überzeugenden Beweis klassischer französischer Kochkunst. Das wiederum einen weiteren Besuch zur Folge hatte.
Der Küchenchef ist Francesco Contiero, Eigentümer Hans Richard die stabile Größe, auch was die Stilistik der Küche betrifft. Konstant stehen auch weiterhin zwei Menüs zur Auswahl, das vegetarische und das konventionelle. Überraschend wie unterschiedlich die beiden in ihren Ausführungen sind. Das vegetarische Menü entspricht eher einem winterlichen Aromenspiel. Den Anfang macht ein Salat von Radicchio, junger roter Bete und Ziegenkäse. Das Omelette baveuse mit dem Schmelz von Käse erinnert an schweizerische Küche, die vollmundigen Gemüsearomen bei der Gemüse-Bouillabaisse mit Artischocken und Spitzpaprika sowie Gnocchi Parisienne entspricht den Vorstellungen von anspruchsvollem Comfort Food. Das konventionelle Menü hingehen spielt mit den Jahreszeiten, verschiedenen Texturen und Aromen. Die Ente mit Marone, eingelegtem Apfel sowie Kohlrabi und Walnuss ist ein fein justiertes Spiel von Säure, dem leicht scharfen Unterton des frischen Kohls und dem herb öligen Touch der Walnuss. Das lässt das Grau der aktuellen Jahreszeit schnell vergessen.
Die Forelle vom Holzkohlengrill grenobloise mit fermentiertem Spitzkohl und Molke hält eindeutig das Niveau. Das Raucharoma wird mit der buttrigen, mit Zitrone und Kapern angereicherten, Sauce abgerundet, das Gemüse ist die perfekte Begleitung. Der Wolfsbarsch wird von einer halben gegrillten Fenchelknolle und gedünsteten Streifen begleitet und mit einer mit Anis aromatisierten Jus angegossen. Alles auf den Punkt gebracht, das Produkt ist Mittelpunkt und das Zusammenspiel mit den restlichen Zutaten gut austariert. Und beim Dessert hat Küchenchef Francesco Contiero nochmals zugelegt. Ganz selten sind Zitrusfrüchte so elegant mit Kamille, Mandeleis und weißer Schokolade zusammengefügt worden. (emh)
Richard
Köpenicker Straße 174, Kreuzberg,