Der neue Nahe Osten
Das Layla entführt den Gast auf eine kräftig gewürzte Reise durch die orientalische Küche. Absolut eigenständig, unbedingt zeitgemäß
Starkoch Meir Adoni ist in Berlin angekommen. Und wie. Der im israelischen Eilat geborene Koch mit marokkanischen Wurzeln betreibt bereits erfolgreiche Restaurants in Tel Aviv und New York. Nun kommen auch die Hauptstädter in den Genuss seiner zeitgeistig-orientalischen Aromenküche im frisch eröffneten Layla. Zumindest wenn sie sich in die gastronomisch bisher unauffällige Gegend um den Anhalter Bahnhof begeben.
Untergebracht ist das Restaurant im Hotel Crown Plaza. Die Schublade Hotelrestaurant passt dennoch keineswegs, maximal das internationale Publikum könnte es vielleicht erahnen lassen. Das Interieur versetzt den Gast in einen modernen Orient: dunkle Töne, eine opulente Spiegeldecke über der großen Bar, marokkanische Fliesen, kronleuchterartige Lampen, Tische aus unbehandeltem Holz – Design zum Wohlfühlen. Eine Reminiszenz an Berlin: In Gewächsschränken von Infarm gedeihen Kräuter und Salate.
Inmitten des großen Gastraumes steht die offene Küche. Wer mag, nimmt am umlaufenden Küchentresen Platz und ist hautnah im trubeligen Geschehen. Der Service ist außergewöhnlich charmant, enttäuscht aber leider gleich zu Beginn mit schlechten Nachrichten – die Bar wird renoviert, daher sind weder Cocktails noch die Weinkarte verfügbar. Immerhin fällt bei vier Weinen die Getränkeauswahl so leicht, dass die volle Aufmerksamkeit auf der Speisenwahl liegt.
Die große Vielfalt an Gewürzen, die ungewöhnliche Verschmelzung bekannter Speisen und das Zusammenspiel von traditioneller Aromatik und zeitgemäßer Stilistik lassen eine ganz eigenständige Handschrift entstehen. Dank obligatorischem Sharing-Style kommt eine große Auswahl auf den Tisch. Buttriges Jemenitisches Brioche (Kubaneh) macht den Anfang, dazu wird würzig-fluffige Paprika-Aioli gereicht, frische, geriebene Tomate und Olivenöl mit Doah und Kräutern. Akute Suchtgefahr besteht bei Meeresfisch-Ceviche, das mit Buttermilch-Schaum in Panipuri gehüllt wird, ein frittiertes Teigbällchen aus der nordindischen Küche. Innen frisch und schön säuerlich, außen crunchy und mit einem Klecks Cremigkeit in Form von Yuzu-Aioli – sehr gut.
Ein ähnlicher Ansatz, aber deftiger: Doughnuts, gefüllt mit Mus von geräucherter Forelle und Medjoul-Datteln, gewälzt in Zucker, zum Dippen Mandarinen-Vinaigrette. Eine gewagte Kombination, die aber funktioniert, auch wenn die Datteln allein an Süße genug addieren würden.
Zum Hauptgang fällt die Wahl auf das Layla Tatar. Eine weniger fleischlastige Interpretation des Klassikers, die dem Kalbfleisch zig weitere Komponenten zur Seite stellt: geräucherte Auberginencrème, Ziegenlabneh, Sumach, grünes Gemüse, Tahini, Tomaten und Olivenöl. Leider etwas mürb und trocken ist die Kalbslende im Gang Turkish Veal Delight. Die Karte hält auch einige klassisch klingende Gerichte bereit wie Fish and Chips, Lamm-Kebab, Caesar-Salat und gegrillten Oktopus, die bestimmt nicht langweilig sind. Der krönende – und namentlich das Gesamtkonzept beschreibende – Abschluss zum Dessert: New Middle East. Sumach-Meringue auf einer Art Grießbrei, mit einem Kompott aus Wildbeeren, Joghurt-Oliven-Crumble und einem Sorbet aus Blutorange und Arrak. Das ist würzig, anders, überraschend. So wie das Layla.
Layla
Hallesche Straße 10/Möckernstraße, Kreuzberg,