Gestapelte Wunder
Die Gegend um den Anhalter Bahnhof wird kulinarisch ein wenig aufgewertet. Das Mirami schmiegt sich in ein unscheinbares Wohnhaus und offenbart im Inneren wahre Größe
Der erste äußere Eindruck? Schwierig. Beim Besuch des Anfang Juni eröffneten Miramis läuft die WM in vollen Zügen. Dementsprechend ist die etwa zehn Tische fassende Terrasse, die wegen Bauarbeiten am Haus momentan beengt daherkommt, schon voll besetzt und alle Gesichter Richtung eines Fernsehers gewandt. Während der große Innenbereich für fast 200 Gäste noch komplett zur freien Platzwahl einlädt. Beim Betreten wird schnell deutlich: hier hat jemand ein Händchen für Design mit viel Holz und gedämpftem Licht. Die Inhaber betreiben eine Inneneinrichtungs-Agentur, daher weht der Wind.
Der Service ist stets einen Blick entfernt, mehr als zuvorkommend und auch um Empfehlungen nicht verlegen. Über die Sushi-Karte wird dennoch hinweggesehen, aber der Sushi-Burger wird direkt bestellt. Was in der Karte schnöde als „Gebackener Sushi-Duftreis mit Lachsfilet“abgetan wird, entpuppt sich als filigran gestapeltes Wunder (übrigens die Übersetzung von Mirami) mit Trüffelsauce. Dazu Sojabohnensuppe mit Lachs und Seetang sowie hausgemachtem Dressing.
Eine Anekdote, die sich gerne durch zahlreiche Speisekarten zieht, ist, dass Barack Obama auf seiner Reise durch Vietnam mit Genuss Schweinebauch verspeiste, und so gibt es auch im Mirami eine Variation unter dem Namen „Date with Obama“ – Frühlingsrolle, Reisbandnudeln, Salat und eben jener gegrillte Schweinebauch. Oh Barack, wir verstehen dich.
Als Dessert endlich einmal mehr als gebackene Litschi. Avocado-Pannacotta und Matcha-Ice-Cream sprechen sofort an, sie sind an dem Abend aber leider bereits ausverkauft. Als Entschädigung wird dann spontan eine Kombination von Beeren-Eis und frittierter Banane gezaubert.
Das Mirami glänzt vor allem mit Gastfreundlichkeit und kleinen Kniffen an altbekannten Gerichten. Fancy Fusionkitchen gibt es woanders, dafür ist doch vieles auf der Karte zu bekannt. Was nach einem Besuch bleibt, ist dennoch die Gewissheit, noch einmal wiederzukommen. Zum Beispiel an kalten Wintertagen, um mit einer großen Gruppe Fisch- und Sushiplatten zusammen zu genießen und sich inmitten von wärmendem Holzinterieur dem Fernen Osten etwas näher zu fühlen. (Stefanie Rogoll)
Mirami
Stresemannstraße 48, Kreuzberg,