KIN im Velotel Bad Saarow, Foto: Dan Zoubek Aufmacher Brandenburg
Umlandtipps

Stadt, Land, feine Küche

Man kann vieles unternehmen in Brandenburg und auch etwas weiter weg im Umland. Über 3.000 Seen versprechen in der Sommerhitze Abkühlung. Abends sind es kulturelle Veranstaltungen in Schlössern, Kirchen oder Klöstern, die durchaus für Vergnügen sorgen. Brandenburg verfügt über ein hervorragend ausgebautes Radwegenetz von über 7.000 km Länge. Und was ist mit gutem Essen? Hier stellen wir beste Adressen im Umland vor

Foto: Kira Möller Velotel Bad Saarow

Betten, Bikes, Kino, Eis & großartige Kochkunst

Vorneweg ein Geständnis: Fotografin und Autorin waren mit dem Auto unterwegs. Aber: Die nächste Radtour ist geplant. Denn auch wenn es im ersten Augenblick vielleicht nicht den Anschein macht, ist das Velotel in Bad Saarow doch einfach zu verlockend. Es ist modernes Boutique Hotel und bietet für Radfahrer*innen alles, was diese sportliche Freizeitbeschäftigung entspannter macht. Einen großräumigen Aufzug, mit dem die Gäste ihre Räder problemlos in den Abstellraum fahren können. Für kleine Reparaturen steht Übernachtungsgästen ein Werkzeugkoffer zur Verfügung. Es gibt Waschmaschinen und Trockner. So praktisch, so gut. Doch das Hauptargument, um nach Bad Saarow zu radeln, zu fahren oder zu wandern ist das Restaurant KIN.
Jürgen Kliche, der Eigentümer, zählt weitere Argumente auf. Das Kino, das Eiscafé, das Hotel mit seinen sechs verschiedenen Zimmerkategorien, vom Doppelzimmer über Apartments bis hin zu Suiten. Und der Hotelier will mehr. Gegenüber, wo noch der Parkplatz existiert, soll ein Wellness-Bereich entstehen. Die Baugenehmigung hat er bereits. Wir trinken als Aperitif ein Glas Rosé auf der Terrasse des Restaurants KIN, Jürgen Kliche erzählt von den Neuerungen beim Kino. Die Eingangssituation war nicht ideal, es musste komplett umgebaut werden, sodass der Kino- und Restaurantbereich jetzt getrennt sind. Dann kommt kurz die Ehefrau und Tochter mit Kind vorbei. Die Tochter ist mit Dario Buono, dem Restaurantleiter, liiert.

Foto: Kira Möller KIN Fusion Kitchen

Es geht familiär entspannt zu. Im gesamten Haus, nicht nur im Service des Restaurants, Küchenchef Carlo Sannino beweist souveräne Leichtigkeit. Auch wenn er mit seiner Fusion-Küche nicht gerade die brandenburgischen Gourmets aus ihren Wohnzimmern lockt. Wer weiß, ob man die zur Zeit auch am Nebentisch haben möchte? An diesem Abend sitzen größere Runden auf der Terrasse. Es scheint Fans zu geben von der Fusion-Küche, die die italienische und asiatische Kochkunst zusammenbringt. Und das ist absolut nachvollziehbar. Der erste Überraschungsmoment: Es gibt Sparkling Sake als Aperitif – nämlich Ninki Sparkling J-Ginjo, Flaschengärung. Und noch einige andere Sake, aber auch eine Karte mit klassischen europäischen Weinen, ein paar wenige südafrikanische. Es geht mit verblüffenden Genussmomenten weiter. Die Perlina-Aubergine, eine gestreifte, lange Auberginenart ist umhüllt mit einem Miso-Karamell, einer kraftvollen Dualität von Umami, von Süße und leichter Bitternote der Orange. Der Burger Kin – eine Kreation in Anerkennung an hiesige Essvorlieben. Es ist ein Beweis, dass die beste Burger-Kultur auch auf dem Land gepflegt wird: In einem fluffigen Bun stapelt sich auf Rinder-Filet gegrillter Brie-Käse und darauf Tropea-Zwiebel-Marmelade. Das Tatar kommt handgeschnitten vom Bio-Rind und in einem ausgehöhlten Markknochen auf den Tisch, dazu Sylter Sauerteigbrot.
Es wurden noch köstliche Teigtaschen, ein buttrig-zarter Schwarzer Heilbutt mit Bonito Beurre blanc samt Blumenkohlpüree serviert. Und spätestens dann war klar, dass sich Küchenchef Carlo Sannino bei einem der besten Jongleure mit asiatischen Aromen etwas abgeguckt hat. Nämlich bei Tim Raue. Zum Schluss musste noch Milchreis-Matcha probiert werden. Das hat mit dem gängigen Milchreis überhaupt nichts zu tun. Es ist eine Creme, mit Matcha ummantelt.
Völlig glücklich möchte man noch einen Spaziergang um den See machen, dann aufs Zimmer gehen und ins Bett fallen. Das nächste Mal klappt das garantiert.

Velotel Bad Saarow, Ulmenstraße 2, 15526 Bad Saarow, Tel. 033631 803 107, www.velotel-bad-saarow.de

KIN Fusion Kitchen  www.kin-restaurant.de
Ceci’s Ice Cream  cecis.velotel-bad-saarow.de
Cinema by Velotel  www.cinema-velotel.de


Foto: Daniel Cramer Forsthaus Strelitz

Radikal und ausdauernd

Wenzel Pankratz kocht ausschließlich auf Holzfeuer. Er ist Gastgeber im neuen Ferien- und Genussort unweit von Müritz und Uckermark, war bei Michael Kempf und zuletzt Sous Chef von Stephan Hentschel. Vor einigen Jahren hat er Haus, Hof und Gasthof des Vaters übernommen und mit Neuberliner Ideen und Elan umgebaut. In der ehemaligen Scheune sind moderne Zimmer und Apartments entstanden. Highlight ist das abendliche Menü. Serviert wird fast ausschließlich Selbsterzeugtes mit Fisch, Wild und Kräutern von rundum.

Forsthaus Strelitz, Berliner Chaussee 1, 17235 Neustrelitz, Tel. 03981 44 71 35, www.forsthaus-strelitz.de, Mi-Sa ab 19 Uhr


Foto: Leo Pompinon Schlossgut Schwante

Kulinarische Kunst

Eine der zuverlässigen Adressen in Sachen Kunst und Natur ist das barocke Schloss Schwante. Seit der Eröffnung 2020 zählt der Skulpturenpark bereits 10.000 Besucher*innen. Ein besonderer Genuss findet sich im Hofladen sowie im Restaurant im Backsteinhaus. Hier werden die Kulturmomente mit kulinarischer Kunst fortgesetzt. Für die Gerichte im Restaurant werden ausschließlich Obst, Gemüse, Kräuter sowie Erzeugnisse aus nachbarschaftlicher Landwirtschaft genutzt. Das Jubiläumsjahr 2024 feiert das Schlossgut Schwante mit einer Weltneuheit: Premium Wagyū-Fleisch direkt aus Brandenburg! Nach den Wasserbüffeln und Apfelschweinen in den Vorjahren verkauft das Schlossgut Schwante erstmals in Kooperation mit dem Schwantener Landwirt Thomas Richter Fleisch der eigenen Wagyū-Rinder im Hofladen sowie an der Milchtankstelle oder den Fleischautomaten in Schwante.

Schlossgut Schwante, Schlossplatz 1-3, 16727 Oberkrämer OT Schwante, www.schlossgut-schwante.de, Restaurant, Hofladen und der Skulpturenpark sind Sa+So 12–18 Uhr geöffnet


Foto: Artprojekt Naturgut Köllnitz

Kulinarische Landwirtschaft

Es bewegt sich dort einiges. Beim Naturgut Köllnitz geht es um die unmittelbare Zusammenarbeit von Landwirtschaft, Rinderzucht, Fischerei und Küche. Vor circa zwei Jahren wurde die Traditionsfischerei Köllnitz um ökologische Landwirtschaft erweitert. Nachhaltigkeit, Ganzheitlichkeit und Achtsamkeit sind die Grundpfeiler, die dem Gesamtkonzept des Naturgut Köllnitz zugrunde liegen. Seit geraumer Zeit steht auch die Wiederbelebung von in Vergessenheit geratenen Obst- und Gemüsesorten im Fokus.

Foto: Selina Schrader Naturgut Köllnitz Hofküche

Küchenchef Stefan Ziegenhagen kann in den Sommermonaten aus dem Vollem schöpfen: apfelförmige Limona-Salatgurken und Stachelgurken neben den bekannteren Schlangengurken. Ein Stückchen weiter gedeihen neben den üblichen roten Tomaten die Green-Zebra-Tomaten sowie violette Paprika und getigerte Auberginen. Bei den Chilisorten haben sich die Landwirte einiges einfallen lassen. Von Wildkirsch- und Bonbonpfefferonis über die milden Spiral-Chili bis hin zu Thai Santiago, Quadrato D’Asti Giallo, Jalapeño Luciel und Taeyang Medium sind alle Formen und verschiedenen Schärfegrade dabei. Ein Highlight für die Sommermonate ab August sind die Honig- und Wassermelonen, die das Team Köllnitz dieses Jahr zum ersten Mal angepflanzt hat. Man kann gespannt sein, was Stefan Ziegenhagen daraus macht. Eine Option ist sicherlich die Kombination mit dem im Dry Ager der Fischmanufaktur gereiften Karpfenschinken, der sich inzwischen zum Signature Dish der Fischerei entpuppt hat. Wer nicht bis August warten möchte, der findet den Karpfenschinken in Kombination mit Erdbeer-Gazpacho auf der Speisekarte.

Naturgut Köllnitz, Groß Schauener Hauptstraße 31, 15859 Storkow (Mark), www.koellnitz.de


Gasthaus Canow

Tatkräftiges Duo

Die beiden muss man nur bewundern. Jede und jeder andere hätte wahrscheinlich auf dem Absatz kehrt­gemacht beim Anblick der völlig runter­gekommenen Stellmacherei. Doch Lea Ritter und Auriel Tschaikowski haben sich nicht beirren lassen. Zwei Jahre lang haben sie das Gebäude kernsaniert, sich immer wieder neue handwerkliche Fähigkeiten angeeignet. Liebe auf den ersten Blick war es nicht, erklärt Lea. Sie und Auriel wollten sich nach einigen Berufsjahren in der Gastronomie selbstständig machen – mit ihrem ersten Sohn als junge Familie in einem Ort auf dem Land eine neue Existenz aufbauen. Sie wollten die Nähe zu den Produzenten, um deren Produkte in ihrem Café zu verarbeiten und zu präsentieren. So arbeiten die beiden mit dem Erdhof Seewalde aus dem Nachbardorf zusammen, mit der Fischerei aus Canow, mit dem Siebengiebelhof sowie dem Landkulturhof SoLaWi. Heute ist das Haus kaum wiederzuerkennen, mit dem Café im Erdgeschoss und mit den Zimmern im Obergeschoss. Mittlerweile bauen sie nicht nur Kräuter und Gemüse an – seit Ende letzten Jahres ist eine Außenküche dazugekommen. Und es wird gebacken: An Pizza-Abenden – immer freitags und samstags von 17 bis 21 Uhr – wird den ganzen Sommer über im Garten geschlemmt. In Zukunft soll auch Brot in den Lehmofen geschoben werden.

Gasthaus Canow, Canower Allee 48, 17255 Wustrow, Tel. 039828 26 87 05, www.gasthaus-canow.de, Café Di-So 8-17 Uhr, Pizza-Abende Fr+Sa 17-21 Uhr, Übernachtungen sind jederzeit möglich


Foto: Kira Möller Michelberger Farm

Immer sonntags ein Festessen

Der wahr gewordene Traum, die Vision einer zukunftsfähigen, nachhaltigen Landwirtschaft – eine bessere Welt scheint möglich, so der inspirierende Eindruck von der Michelberger Farm. Jeden Sonntag kommen erntefrische Zutaten, vor allem mehrjähriges Gemüse und eine große Auswahl an Obst und Beeren, Kräutern, Fleisch- und Milchprodukten von Nachbarhöfen, wie dem Ziegenhof auf Gut Ogrosen oder dem Landgut Pretschen. Drinnen und draußen, in der neuen Scheune, bei Regen und Sonnenschein wird alles über dem Feuer gekocht! Sie können das Fest mit oder ohne Übernachtung buchen. Das Festmahl findet ab 17 Uhr statt und kostet 55 Euro pro Person.

Michelberger Farm, Dorfstraße 26, 03226 Vetschau/Spreewald, www.michelberger.farm


Foto: Mischa Olma Woodcuisine

Keine Jäger, nur Sammler

Bei Woodcuisine müssen die Gäste die Zutaten für ihr Essen selbst sammeln. Gekocht wird im Wald auf offenem Feuer. Gründer Mischa-Amadeus Olma verspricht ein ganzheitliches Erlebnis für naturentfremdete Städter. Er begleitet kleine Gruppen von maximal 20 Personen mit Workshops zu Themen wie Weinherstellung aus Wildobst, Brotbacken, Sammeln von Wildkräutern und Pilzen, Fermentation oder ganzheitliche Verarbeitung von Tieren, gefolgt von einem gemeinsamen Fünf-Gang-Dinner, um die Verbindung zwischen Natur, Holz und gutem Essen erleben können.

Woodboom, Termine und Tickets unter www.woodboom.de/collections/woodcuisine


Into the Woods

Glücklich-Macher

Moritz Schmid hat immer gute Laune. Er könnte als Beweis herhalten, dass Waldspaziergänge und Pilzesammeln glücklich machen. Aber das ist bei weitem noch nicht alles. Pilze sind seine Leidenschaft. Er legt daraus Mandalas, organisiert Führungen, Kochkurse und Retreats. Mit seinem langjährigen Freund Jonathan Kartenberg und seiner Lebenspartnerin Miriam Ritzmann hat er Pilzgetränke entwickelt. Aus sogenannten Vitalpilzen wird durch ein besonders schonendes Extraktionsverfahren das Pulver gewonnen, das man einfach mit heißem Wasser oder pflanzlicher Milch aufgießen und trinken kann.
Schmid hat seit seiner Kindheit eine besondere Beziehung zum Wald. Damals war er Freiraum und Abenteuer, in der Pubertät dann aus dem Blickfeld verschwunden und später wurde er „künstlerischer Spielplatz“ und Therapeut gleichzeitig. Erst war er auf der Suche nach sich selbst, heute sind es Pilze, die er findet und damit Glück verbindet.

Into the Woods, auf seiner Webseite findet man zahlreiche Termine zu Sammelworkshops (Tagestouren) und noch freie Plätze für ein Retreat im Haus Erlengrund: www.intothewoods-mushrooms.com


Sawito

Kurztrip an den Stadtrand

Das Sawito ist eine Adresse, die gefunden werden muss. Gegend und Terrasse erinnern an eine französische, unaufgeregte Landstraße. Das Restaurant ist in Falkensee – westlich von Berlin – und auch gut mit den Öffentlichen zu erreichen. Küchenchef Marco Wahl hat sozusagen seine „neue kulinarische Heimat gefunden“. Davor hat er im Duke, dem Restaurant vom Ellington, als Sous-Chef gearbeitet. Bis zum Sonnenuntergang können Gäste ein französisch inspiriertes Dinner genießen. Sonntags ab 11 Uhr serviert das Sawito zu bestimmten Terminen einen selten voluminösen Brunch. Ob herzhaft oder süß, ob Sandwiches oder Steaks – kaum ein Wunsch bleibt unerfüllt.

Sawito, Spandauer Straße 14, 14612 Falkensee, Tel. 03322 121 85 66 www.restaurant-sawito.com, Brunchtermine: 4. und 18. August, 8. September


Fotos: Pavel Becker St. Oberholz Retreat

Draußen ländlich, drinnen urban

Arbeiten in einem Café – im St. Oberholz war das eine Pionierleistung und es war ein Ort der New-Work-Bewegung. Kaffee trinken und arbeiten, irgendwann saß die Start-up-Szene an den großen Fenstern mit ihren Laptops und das stundenlang. Von Anfang an spielen Ansgar Oberholz und Koulla Louca die Hauptrolle, wenn es um neues Arbeiten und neue Orte geht. Und so wundert es nicht, dass die beiden den alten Gutshof in Mecklenburg-Vorpommern, den Woldzegarten, als „Sehnsuchtsort“ geschaffen haben, der sowohl mobiles Arbeiten als auch Urlaub ermöglicht.

St. Oberholz Retreat Pool

Auf dem weitläufigen Gelände – es ist ca. vier Hektar, also fast fünf Fußballfelder groß – befinden sich das Hauptgebäude mit Restaurant, Spa und 18 Hotel­zimmern. Apartments finden sich im ehemaligen Schafstall, in der Scheune ist Platz für Veranstaltungen. Für das leibliche Wohl sorgt das Küchenteam vor Ort mit mediterran angehauchten Gerichten wie z.B. mit einer Gemüse-Gnocchi-Bowl. Bei Anreise sollten kulinarische Wünsche unbedingt vorbestellt werden. Die regelmäßig wechselnde Speisekarte findet sich online.

St. Oberholz Woldzegarten Retreat, Walower Straße 30, 17209 Leizen, www.sanktoberholz-retreat.de