Fotos: Selina Schrader Aufmacher Villa Kellermann
Villa Kellermann

Populär elitär

Nun also Villa Kellermann. Potsdam ist nicht Berlin. Aber wo Tim Raue draufsteht ist auch Tim Raue drin

Auf ihn kann sich der Hauptstädter verlassen. Auf seine Kochkunst und das Spiel von Süße, Säure, Schärfe. Wobei bei letzterem, so Küchenchef Christopher Wecker, noch austariert wird, was die Gäste so vertragen. Jetzt erst mal zum imposanten Äußeren. Die Villa in Potsdam, im Stadtteil Berliner Vorstadt, ist eindrucksvoll. Sie wurde 1914 für den königlich-preußischen Zeremonienmeister geplant, dementsprechend großzügig ist das Anwesen. Das ist noch für ein paar Wochen mit baulichen Maßnahmen belegt.

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Innen macht die Empfangshalle fast schon einen einschüchternden Eindruck: so weitläufig, so mondän. Eine Tür führt in einen von vier Restaurant­räumen, in das blaue Elefantenzimmer; rechts davon ist der in Rottönen gehaltene Salon „Der Alte Fritz“ mit dem Wandgemälde des Preußenkönigs Friedrich II, links sind die zwei weiteren Salons in Grün gehalten.

Im Elefantensalon ist der schönste Platz. Mit grandiosem Fensterblick auf den Heiligen See fährt jeder runter. In der Villa Kellermann verliert jede Großstadt ihre Wirkung. Dafür sorgt auch das Service-Team um Gastgeberin Patricia Liebscher. Sie ist genauso wie Küchenchef Christopher Wecker seit Jahren eine feste Größe im Unternehmen Tim Raue. Schnell sind die ersten Getränke auf dem Tisch, die Speisekarte kommt in einem antiquarisches Kochbuch versteckt. Für den ersten Besuch ist unbedingt „Der gedeckte Tisch“ zu empfehlen, der an das Märchen „Tischlein deck dich“ erinnert. Erst sind es Brot, eingelegte Gürkchen, Perlzwiebeln, ein Kräuterdip und eine Leberwurstcreme - getarnt mit einer Senfdecke -, die aufgetischt werden. Dann stehen fünf Vorspeisen vor dem Gast. Davon werden einige Raue-Fans an den Krabben- bzw. Garnelencocktail aus dem Soupe Populaire erinnert. Die Entenleberterrine mit Traube, Haselnuss und Feldsalat ist für den Gaumen eine seltene Schmeicheleinheit, die als Schlemmerkartoffel bezeichnete Kleinigkeit ist ein Balanceakt aus profaner Kartoffel, Zitrus-Süße und salziger Note. Und auch der eher unbedeutende Kopfsalat bekommt durch eine Vinaigrette aus Zitrone, Petersilie und grünem Pfeffer einen festlichen Auftritt. Die Makrele Hausfrauen Art ist eher ein Ceviche mit den üblichen Zutaten wie Joghurt, Apfel und Dill.

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Der Hauptgang wird in einer kupfernen Glosche auf einem passenden Stövchen warm gehalten, es ist Gulasch vom Wagyu-Rind in einer kräftigen Jus, dazu Süßkartoffel und Paprika. Das Dessert ist wieder manchen bekannt, es ist die Interpretation eines Bienenstichs.

Zum Thema Günther Jauch: Der Bauherr und Winzer Günther Jauch hatte vor langer Zeit Tim Raue angesprochen und wollte Tipps von ihm von wegen Köche und wer gerade eine neue Herausforderung sucht. Und Raue hat dann wohl entschieden, dass das etwas für ihn sei. Beide schätzen sich und keiner mischt sich in die Belange des anderen ein. Und der Hauswein Villa Kellermann, ein Riesling und ein Rieslingsekt Cuvée, kommen von Jauchs Weinberg, vom Weingut von Othegraven. (emh)

Villa Kellermann
Mangerstraße 34, 14467 Potsdam, Tel. 0331 20 04 65 40, www.villakellermann.de, Mi-Fr 18-21.30 Uhr, Sa+So 12-14 Uhr + 18-21.30 Uhr, Der gedeckte Tisch (56 € pro Person) wird ab zwei Personen serviert, Vorspeisen ab 9 €, Hauptgerichte ab 19 €, Fl. Wein ab 40 €