Fotos: Sasha Kharchenko Aufmacher Arai
Arai

Ein Déjà-vu und zwei Seelen in einer Brust

Beim Besuch des zweiten Omakase-Restaurants Arai von Shiori Arai überzeugt die Gastgeberschaft

Wieder diese Unsicherheit. Ähnlich wie beim Shiori bleibt auch nach diesem Abend im Arai, dem zweiten Restaurant von Shiori Arai, der Zwiespalt.

Zugegebenermaßen: Der Besuch fand während des Soft-Openings statt und kostete 88 Euro, der Preis soll noch nachjustiert werden. Eventuell hat sich auch an der Speisekarte etwas geändert. Keiner Korrektur bedarf es bei der Gastfreundschaft, der Höflichkeit und der Aufmerksamkeit des Gastgebers Shuai Wang. Professionell führt er die verschiedenen Gäste, die alle an dem großen Tisch sitzen, durch den Abend. Die Inneneinrichtung ist wohltuend unaufgeregt und evoziert eine angenehme Entspanntheit. Die Wassergläser sind so fein wie im Shiori und ebenso der Sake, den Shiori Arai direkt aus seinem Heimatort importiert. Die Speisen sind so puristisch, wie es bei einem Performance-Restaurant sein muss. Wie bei Nobelhart & Schmutzig und bei Ernst sind es es kleine Portionen, bei denen einige wenige Zutaten zur Geltung kommen. Das kann gutgehen, kann aber auch profan wirken.

Das Amuse-Gueule aus Qualle und Rettich sowie Pulled Chicken ist ein anregender Einstieg und macht neugierig. Chinesisch-japanische Kompositionen soll es geben. Es geht weiter mit einem Vorspeisenteller. In Erinnerung ist leider nur die gummiartige Konsistenz der Muschel und die Putzigkeit der Gemüseanteile geblieben. Es folgen Sellerie mit japanischem – sehr scharfem – Senf, Kartoffelheu, das ist für China typisch gehobelte rohe Kartoffel, über Holzkohle angegrilltes Rinderfilet, das leider kalt serviert wird. Warm sind die frittierte Auster, die Garnele sowie die Krabbensuppe und der Rettich in dunkler pfeffriger Sauce. Zum Schluss, damit niemand hungrig bleiben muss, rührt der Koch Makoto Ishii am Tisch Mapo Tofu zusammen. Das ist ein chinesisches pikantes Traditionsgericht aus Schweinehack und Tofu. Dazu gibt es Reis, so viel man möchte.

Arai

In aller Offenheit: Ich möchte das Arai gut finden. Unbedingt! Ich möchte verstehen, warum es gerade diese zehn Gänge an diesem Abend gibt. Warum ich die Schuhe ausziehen muss und beim Toilettengang Pantoffeln zum Anziehen bekomme? Warum muss ein Tisch in den Boden eingelassen werden, der das Aufstehen zu einem wenig eleganten Gekrabbel macht? Vermutlich geht es hauptsächlich um Atmosphäre, um den speziellen Abend, bei dem die Gäste sich kennenlernen können. Es geht sicher um eine japanische Performance von Esskultur, um den kultivierten Umgang mit Gästen. Jedenfalls wird das Arai seine Fans finden. Die Kommunikation darüber verläuft nämlich eindeutig: „Hat dir der Abend im Arai auch gut gefallen?“ Ja, weil ich mit netten Menschen dort war. (emh)

Arai
Straßburger Straße 60, Prenzlauer Berg, www.araiberlin.com, Di bis So ab 19.30 Uhr, das Menü startet pünktlich, ein Erscheinen 15 Minuten früher ist ratsam. Kostenpunkt 88 €